Gesundheitskosten

Vor allem das Alter der Bevölkerung treibt die Kosten im Gesundheitswesen in die Höhe. Die Menschen in den westlichen Industrienationen werden im Durchschnitt immer älter und ihre Krankenkassen immer teurer.
Daraus ziehen viele dann den Schluss, das eine sei die Ursache für das andere, und dieser Schluss ist falsch. Richtig ist, dass in fast allen Ländern dieser Erde ein überproportionaler Anteil der Gesundheitsgelder für ältere Menschen ausgegeben wird, in Deutschland etwa pro Kopf fünfmal mehr für Menschen über 65, verglichen mit Menschen unter 25, und dieser Mehrverbrauch nimmt mit wachsendem Alter weiter zu.
Aber diese Kostenprogression im Lauf des Lebens gab es immer schon; die sogenannten Altersprofile der Ausgaben für ambulante Behandlung oder Medikamente von 1960 und von heute gleichen sich fast bis aufs Haar, nur dass die absoluten Kosten heute höher sind.
Und damit kann die überproportionale Kostenbelastung durch alte Menschen nur die absolute Höhe der Gesundheitsausgaben in einer gegebenen Rechnungsperiode, nicht aber deren Wachstum im Zeitverlauf erklären. Hält man die sogenannte »altersspezifische Morbidität« und den Stand der Medizin konstant, geht vielmehr nur ein sehr kleiner Teil der vergangenen und künftigen Ausgabensteigerungen auf die Altersverschiebung der Bevölkerung zurück. G. Lefelmann/G.Borchert (1983) etwa beziffern den allein durch demographische Faktoren bedingten Ausgabenanstieg der realen bundesdeutschen Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben von 1980 bis zum Jahr 2000 auf weniger als 6 %. So viel verursachen andere Faktoren, in erster Linie der medizinische Fortschritt, in einem Zehntel dieser Zeit, und auch in vielen anderen Untersuchungen entpuppen sich die Ausgabenzuwächse im Gesundheitswesen als eher unsensibel gegen die Alterspyramide der Bevölkerung.
Die Betonung liegt dabei auf Ausgabenzuwächse. Mag die absolute Höhe der Gesundheitsausgaben in einer gegebenen Rechnungsperiode auch durchaus den alten Menschen zuzurechnen sein, mit deren Wachstum im Zeitablauf haben sie nichts beziehungsweise nur am Rand zu tun.

Lit.:
B. Camphausen: Auswirkungen demographischer Prozesse auf die Berufe und die Kosten im Gesundheitswesen, Berlin 1983;
G.Lefelmann/G.Borchert: »Bevölkerungsentwicklung und Krankheitskosten«, Sozialer Fortschritt 1983, S. 173 ff.;
G. Pedroni/P. Zweifel: Alter-Gesundheit-Gesundheitskosten, Basel 1989;
S.FelderIP.Zweifel: »Alter allein ist kein Kostenfaktor«, Neue Zürcher Zeitung, 10.1.1997;
S.Felder: »Ageing of population and health care expenditures«, Health Economics 8, 1999, S. 485-496.

Quelle: Walter Krämer und Götz Trenkler „Das Beste aus dem Lexicon der populären Irrtümer“ Serie Piper, PiperVerlag GmbH München, Januar 2002, S. 142-143, ISB N 3-492-23279-5

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